Bürokratie in Sizilien

Guten Nachmittag ihr Lieben,

heute haben die Temperaturen 43 Grad erreicht. Abgesehen davon, dass es so keinen Spaß macht, auf der Plantage zu arbeiten und es auch nicht gesund wäre, haben wir die Gelegenheit genutzt, Euch einen Clip unseres persönlichen Abenteuers "Beantragung eines italienischen Personalausweises" zusammenzuschneiden.

Wie seltsam anders es auf einer Gemeinde zugehen kann, ist ja schon in der Hörgeschichte "La residenza è una cosa importante" beschrieben. Was wir dieses Mal erlebten, war jedoch sehr besonders. Als wir am Donnerstag kurz vor 11 Uhr morgens zu dritt dort aufkreuzten, war die Wartenummer für den Service "Personalausweis beantragen" schon nicht mehr ziehbar. Obwohl das Amt noch über eine Stunde geöffnet wäre und lediglich eine Frau vor uns dran war. Ich prangerte das an und sofort entspann sich eine allgemeine Diskussion im Wartezimmer, das nicht größer als ein Bushaltestellenhäuschen war, über die seltsamen Machenschaften der italienischen Beamten im Allgemeinen und jener der sizilianischen im Besonderen. Das nun laut durcheinander redende Volk ermutigte uns, an die Türe zu klopfen. Was wir auch taten. Da niemand uns herein rief, öffneten wir einfach die Tür und standen im Büro. Eine Klimaanlage versuchte ihr Bestes und ein Ventilator half ihr dabei, die kühlere Luft im Raum zu verteilen, wobei auch immer mehrere Blätter und Anträge gefährlich nah dran waren, von den beiden sich gegenüber stehenden Schreibtischen hinweg und vorallem durcheinander zu wehen.

Dass noch über eine Stunde geöffnet sei und wir nicht verstehen, weswegen wir nicht mehr dran kommen könnten, wenn doch nur noch eine Person vor uns warten würde, erklärte ich, und der Kollege beschied uns, draußen Platz zu nehmen. Wenn noch Zeit wäre, riefe er uns herein. Vierzig Minuten später waren wir dran und enterten das Zimmer. Als der Beamte aber erfuhr, dass es sich um drei (!!!) zu beantragende Ausweise handeln würde, winkte er nur ab und verwies uns auf Montag. "Wir fangen mit einem an", sagte ich entschieden und das war dann auch okay so. Der Beamte tippte etwas in seinen Computer und verlangte den "Bollettino". Den Nachweis, dass wir die Kosten des Personalausweises bezahlt hätten. Das hatte uns niemand gesagt, dass das vorher passieren sollte. Unsere Enttäuschung musste spürbar sein. Sichtlich milde erklärte uns der Mann, wir sollten gegenüber auf der Piazza in den Tabakshop (!) gehen und bezahlen. Am Montag sollen wir mit den Nachweisen wiederkommen und zwar schon um 8.20 Uhr. Obwohl erst um 15 Uhr geöffnet wäre.

Gleich danach bezahlten wir die Ausweise und beschlossen, ein Päckchen "Cannoli" (mit Ricotta gefüllte Blätterteigröllchen) für diesen Spezialtermin mitzubringen.

Als wir gestern also pünktlich 8.20 Uhr im Standesamt klingelten, wurden wir wieder weggeschickt und auf kurz nach 9 Uhr vertröstet. Wir frühstückten und kehrten zurück. Ein paar Leute diskutierten mit einer Beamtin. Als alle weggeschickt waren, lehnte sie sich zu mir und meinte, wir sollten schnell so tun, als unterhielten wir uns. Wir würden beobachtet werden. Kurz darauf zischte sie: "Entrate. Subito subito." - "Los rein. Sofort jetzt." Wir schlüpften durch die Tür, die nur einen Spalt breit für uns offen stand, und traten ins Büro. Ich gab unser Päckchen Gebäck ab, dann dutzten wir uns alle miteinander und hatten eine nette halbe Stunde Plauderei. Aber seht selbst.

Alles Liebe,

Christian, Caro und Juri